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Bookingstress, Anspruch, Backstage-Spaß und Lokalpolitik:

Interview mit Jakob Bauer vom Waldstock Festival


 
 

interview Johannes Jacobi
fotos Uli Digmayer, Andy Conrad, Florian Wallner, Adrian Schmidt

Wenn der Headliner wegbricht, Bandmitglieder verschwinden, das Orga Team übers ganze Land verteilt ist und die Planung zur lokalpolitischen Angelegenheit wird, dann ist Waldstock. Und zwar schon stolze 23 Jahre lang!

 

In einem ausführlichen Interview hat uns Jakob Bauer, zweiter Vorstand und künstlerischer Leiter, erklärt, was Umsonst & Draußen überhaupt bedeutet, wie der eigene Anspruch mit der Erwartungshaltung der Gründungsväter zu vereinbaren ist und was für schöne, aber auch dramatische Momente so eine Veranstaltung beinhaltet. Nehmt euch ein bisschen Zeit, es wird spannend!

Hallo Jakob, danke dass du dir die Zeit nimmst. Vielleicht ganz kurz zu dir: Wie alt bist du, wo kommst du ursprünglich her, wo wohnst du jetzt, wann und wie bist du zum Waldstock gekommen und was ist deine aktuelle Position im Team?
Sehr gerne. Momentan wohne ich in Karlsruhe und mache meinen Musikjournalismus-Master fertig. Ich bin 25 Jahre, ursprünglich komme ich direkt aus Pegnitz, wo unser Festival stattfindet. Ich bin dort 13 Jahre zur Schule gegangen und bin in diesem typischen Kleinstadtwust zwischen mittleren (Groß)Städten (Nürnberg im Süden,Bayreuth im Norden) sozialisiert. Da kommt man dann an so einem Großevent wie Waldstock nicht vorbei. Das hat in einer Kleinstadt wie Pegnitz einen ziemlichen Impact, wenn plötzlich tausende Leute an einem Wochenende in die City pilgern und du überall Musik hörst. Unser Festival findet nämlich quasi in der Mitte der Stadt auf einem Berg statt, und da hörste eigentlich dann überall alles. Trotzdem war ich gar nicht so der große Waldstockgänger in meiner frühen Jugend, ich weiß bis heute nicht wieso, eigentlich war ich schon immer ziemlich musik- und kulturbegeistert.
Mein erster Kontakt mit der Orga dann auch ganz klassisch: Aufbauhelfer. Die damaligen Waldstock-Dudes sind in die Schule gekommen, haben gesagt: Hey, wir können euch zwei Tage schulfrei geben, wenn ihr bei uns helft, das geht klar. Yo. Na dann. Auf geht’s. Das war circa 2008. Mittlerweile bin ich zweiter Vorstand, künstlerischer Leiter des Vereins (wir haben noch deutlich mehr Veranstaltungen als Waldstock, bei denen sich die Programmleitung dann allerdings noch mehr aufsplittet) und mache die Presse- und
Promoarbeit.

In was für Aufgabenbereiche habt ihr die Organisation sonst so aufgeteilt, wie viele Leute sind im Haupt-Orga-Team und wie darf man sich so was vorstellen, wo doch alle übers Land verstreut wohnen?
Unser erster Vorstand Martin Häckel ist verantwortlich für die komplette
infrastrukturelle Planung des Vereins. Das bezieht sich nicht nur auf die Infrastruktur des Festivals, sondern ist tatsächlich ein Jahresjob. Der putzt die Klinken, der diskutiert mit den Ämtern, der macht die Politik. Und das ist in einer Kleinstadt bei einem Verein wie unserem nicht zu unterschätzen.

Wir sind, trotz parteipolitischer Unabhängigkeit,schon ein politischer Posten in Pegnitz.

Da geht’s dann um Diskussionen mit den lokalen Brauereien, wessen Bier wir nehmen, mit wem wollen wir’s uns nicht verscherzen. Dann mit den lokalen Händlern, wer darf einen Stand auf Waldstock machen. Mit dem Pächter des Biergartens, der auf dem Gelände unseres Festivals liegt – hey, wie können wir einen Kompromiss schaffen, dass er uns nicht die Kunden wegschnappt, auf die wir bei Getränken als Umsonst und Draußen stark angewiesen sind, aber er trotzdem auch einen Stück vom Kuchen abhaben kann. Waldstock ist eine Großveranstaltung und es will jeder ein Stück davon abhaben. Ist ok, aber muss gut geplant sein.

Unser dritter Vorstand ist Christoph (Schötz), der Kassier. Dessen Job sind, klar, die Finanzen. Aber er arbeitet weit darüber hinaus mit uns anderen beiden Vorständen zusammen, ist genau so eine wichtige Instanz bei unseren Entscheidungsfindungen, bei allen Themen. Egal um was es geht, bei wichtigen Themen besprechen wir das wirklich immer zu dritt.

Dann haben wir noch drei Beisitzer, auf die wir mit bestem Gewissen verantwortungsvolle Aufgaben übertragen können, und einen Haufen an weiteren Veranstaltungsleitern für unsere anderen Veranstaltungen außer Waldstock: Guerillastock (Technofest im Grünen), Nanostock (Konzertreihe), Filmstock (U&D Kino), Microstock (Indoor Festival), Fußstock (Hobby-Fußballturnier).

Waldstock selbst hat eine Vielzahl an, wir nennen das immer, Häuptlinge: Bier, Bar, Backstage, Info, Kaffeebude, Campingplatz, Parkplatz, Platzwart etc. Jeweils ein/e Hauptansprechpartner/in.

Die Kommunikation funktioniert gut. Das liegt einfach daran, dass der komplette Vorstand eigentlich auch beste Freunde sind. Und das schon, bevor wir mit der Orga des Festivals angefangen haben. Das heißt, pausenlos den anderen nerven wenn eine wichtige Entscheidung ansteht ist einem nicht unangenehm. Und man versucht so häufig wie möglich sich zu sehen, schlichtweg, weil man halt seine Freunde sehen will. Dann klappt das auch irgendwie mit: Karlsruhe, Stuttgart, Erlangen, Magedeburg, München, Wismar, Nürnberg, Hamburg, Bayreuth, Pegnitz. Da hocken wir nämlich rum.

Ihr funktioniert nach dem Prinzip „Umsonst&Draußen“. Nach so vielen Jahren erfolgreichem Festival, stand da mal der Gedanke im Raum das Projekt zu kommerzialisieren und eine Firma draus zu machen? Die Vorstellung, mit einer Gruppe von Freunden im selben Büro zu sitzen und fürs Festival organisieren bezahlt zu werden, ist doch sicher verlockend? Was spricht dafür und was dagegen?
Ehrlichgesagt: Dieser Gedanke stand nie im Raum. Als wir, der aktuelle Vorstand, vor zweieinhalb Jahren diesen Verein übernommen haben, da haben wir auch mit bestem Wissen und Gewissen eine Ideologie übernommen.

Umsonst und Draußen ist ja nicht nur ein seltsamer Finanzierungsplan ...

… sondern auch die Überzeugung, Kultur aus der Gesellschaft heraus für ALLE zugänglich zu schaffen. Und gerade in einer Kleinstadt wie Pegnitz ist das unserer Meinung nach ein ganz wichtiges Element. Wir bringen einen alternativen Farbtupfer in das sonstige, doch recht traditionelle, wenn auch sicherlich mit Herz gemachte, Kulturprogramm. Aber dieser Farbtupfer ist ein Angebot, und wir freuen uns, wenn so viele wie möglich sich ein paar mal im Jahr von uns anmalen lassen wollen. Deshalb ist auch die Programmplanung darauf ausgelegt: Anknüpfpunkte sollten bei der Musik für alle vorhanden sein. Aber der kleine Anknüpfpunkt ist nur eine Hilfestellung dafür, dass wir die Leute dann mitnehmen können, in eine musikalisch andere, aufregende Welt. Klappt natürlich nicht immer. Ist aber der hehre Anspruch.

Wie darf man sich die Finanzierung eures Festivals vorstellen? Ist das jedes Jahr ein Kampf aufs Neue, oder habt ihr da langfristige Lösungen gefunden?
Es ist definitiv ein Kampf. Es gibt wirklich keinen einzige Finanzposten, der auf lange Zeit gesichert ist. Wir handeln jedes Jahr wieder die Deals mit unseren Hauptunterstützern aus, das sind der Nordbayerische Kurier, die Regionalzeitung aus Bayreuth, und Ostwind, alternative Windenergie, die sich vor ein paar Jahren hier in der Gegend niedergelassen haben. Die größte Einnahmequelle ist bei uns wir bei jedem anderen Umsonst Und Draußen aber natürlich der Getränkeverkauf. Daher sind unsere beiden besten Pferde im Stall das gute Wetter und die Liebe der Menschen zu unserem Festival. Das hat beides die letzten Jahre zum Glück ganz wunderbar funktioniert. Und darauf hoffen wir weiterhin. Wenn uns jemand eine langfristige Lösung vor die Tür legt, sind wir aber auch happy.

Beim betrachten der Line-Ups der letzten Jahre, fällt auf dass es jedes Jahr (abgesehen von einer ohnehin sehr geschmackvollen Mischung an Bands) immer ein zwei Namen gibt die vom Bekanntheitsgrad etwas herausstechen. Ist das Absicht und das Ziel, oder passiert das zufällig?
Danke für die Blumen. Es ist eigentlich genau die Mischung, die du ansprichst. Bei uns spielen Bands, bei denen klar ist, dass sie nicht mehr die ganz Großen werden, aber die in einer gewissen Szene schon einen Bekanntheitsgrad haben, das ist dann die „europäischer Underground“-Fraktion. Beispiel, dieses Jahr, The Wave Pictures aus England. Die ziehen einfach seit über zehn Jahren ihr Ding durch, releasen ein Album nach dem anderen, touren pausenlos durch Europa, werden aber niemals auf dem Glastonbury spielen, sag ich jetzt mal so dreist. Und nach sowas suchen wir definitiv.
Das andere sind die europäischen Newcomer. Das ist relativ kompliziert, da den richtigen Riecher zu haben und Bands gerade zu buchen, bevor sie unbezahlbar werden. Mein Vorgänger, Andi Wallner, der jetzt übrigens den Z-Bau in Nürnberg als Programmplaner leitet, hatte da genau diesen Riecher. Die beiden größten Dinger waren wahrscheinlich Bonaparte, die 2009 oder 2008 auf Waldstock gespielt haben – kurz bevor sie ja sowas von durch die Decke gegangen sind. Und Kakkmaddafakka 2011. Selbe Geschichte. Also, definitiv unsere Absicht. Die Mischung ist dann immer noch abgerundet aus lokalen Bands und regionalen Bands, die meistens an Freitag und frühem Samstag unseres Festivals spielen.

Gerade mit vergleichsweise geringem Budget ist es kompliziert, bestimmte Bands
zu überzeugen. Hast du eine Geschichte parat, von einem Booking dass ihr
unbedingt wolltet, aber es hat ewig gedauert oder hat nur über lustige Umwege
funktioniert?

Leider ist es meistens so, dass genau die Dinger nicht hinhauen, bei denen man ewig wartet. Dieses Jahr zum Beispiel ist bei der Headliner-Suche so ziemlich alles schief gegangen, was schief gehen kann. Das Problem ist, dass man, wenn man ein Angebot abgegeben hat, nicht parallel andere Bands anschreiben kann. Die größeren Agenturen, über die meistens die Headlinersuche läuft, geben nämlich die Anfrage von uns nur weiter, wenn sie verbindlich ist. Und so sitzt man da, und wartet. Ich habe dieses Jahr von Januar bis Anfang April auf eine Zusage für eine Band gewartet – Absage. Dann habe ich von Ende April bis Mitte Mai gewartet – Absage. Dann hab ich gedacht wir hätten was, Booker war zuversichtlich – spielt die Band am selben Tag schon wo anders und der Booker hat’s nicht gecheckt. Ja und dann hatte ich aber gewaltig die Hosen voll. Mitte Mai, kein Headliner. Jetzt hat’s doch noch geklappt.

Mitte Mai, kein Headliner.

Aber es gab schon auch skurille Kopf-Durch-Die-Wand-Bookings. Wir haben 2012 The Terror Pigeon Dance Revolt gebucht. Das ist eine komplett durche, höchst romantische Dance-Indie-Punk-Truppe aus New York. Die waren supernett und hatten Bock in Deutschland zu spielen und dann haben wir eben Flüge gebucht und noch ne kleine zusätzliche Tour in Deutschland. Wir mussten zwar für die Flüge ganz schön in die Tasche greifen, aber dafür haben die Jungs auf Gage verzichtet. Und sowas macht halt dann so eine Umsonst und Draußen auch aus. Da haben die Bands dann Bock zu spielen, auch für wenig Geld, weil es einfach um das Gemeinschaftsgefühl geht, um die Erfahrung, um seltsame, crazy Dinge. Und es hat sich gelohnt. 200 Zuschauer auf der Bühne haben mit diesen Dudes in Strapsen, Unterhosen und Bademänteln getanzt. Holla.

Man hört dass sich Bands bei euch dann auch sehr wohl fühlen. Hast du ein Beispiel mit wem es besonders lustig war, oder eine Situation in der sich eine Band vielleicht zu wohl gefühlt hat und die noch andauernde Tour vielleicht kurz vergessen wurde?
Backstagegeschichten…da ist einiges passiert. Ich glaube das eine oder andere, das schon länger her ist, kann ich erzählen.

Einer von Kakkmaddafakka ging während der Backstageparty irgendwo im Wald verloren.

Am nächsten Tag hat ihn die Band gesucht. Nicht gefunden. Sie haben’s mit Humor genommen und sind weiter gefahren, haben nicht so weit weg von Pegnitz am Tag darauf gespielt, und sogar auf Facebook geschrieben, ich glaube: „Lost our drummer in the woods“. Fakt ist: Wir haben ihn beim Aufräumen gefunden. Im Efeu glaube ich….sowieso ein beliebter Schlafplatz…naja und dann war alles gut.
Dann hatten wir noch Feuerlöscher Action mit den verrückten Dänen von The Good, The Bad, die sowieso einen sehr sympathischen Hau hatten. Die zwei recht androgynen Frontdudes der Band sind auch immer durchs Backstage geschlichen und haben uns auf die Stirn geküsst und gesagt, wie nice hier alle ist.
Und ein Mitglied von Balthazar hatte mal ein Mädchen am Start. Dachte er. Hat mich gebeten ihm ein anderes Hotel zu buchen. Hab ich gemacht. Dann war das Mädchen weg, das Hotel gebucht, er verzweifelt – aber gut, sowas ist natürlich ein Klassiker.

Was würdest du sagen, wofür steht das Waldstock und wie stellt ihr sicher dass
sowohl die Erwartungen eurer Besucher, als auch eure eigenen Erwartungen
erfüllt werden?

Ich glaube für unsere Besucher geht die Atmosphäre über alles. Und ich glaube unsere Besucher bemerken vielleicht viele Sachen nicht so bewusst, aber würden es definitiv bemerken, wenn sie fehlen. Waldstock steht also dafür, sich darauf verlassen zu können, dass einem hier ein Wochenende beschert wird, bei dem einfach alles passt, ohne dass man sich davor groß darüber informieren müsste. Ich weiß nicht, wie viele Leute wegen des Bookings kommen. Ich glaube, es ist nicht die Merhzahl. Die Leute kommen, weil Waldstock ist. Und die Leute merken, wenn die Musik nicht passt. Aber wenn die Musik passt, dann ist die Stimmung so wie immer – brutal ausgelassen. Aber das ist dann nichts „besonderes“. Sondern halt Waldstock. Deshalb ist das Booking für mich auch so ein Drahtseilakt. Ich booke für eine bestimmte Stimmung, das hat auch ganz viel mit Pacing zu tun. Trotzdem will ich den Leuten was mitgeben, aber eher so unauffällig. Besonders muss es sein, aber auf den ersten Blick – wenn auch nur auf den ersten – mainstreamfähig.


Bei bald 25 Jahren Festivalgeschichte, ist es vorstellbar, dass die Gründungsväter und alten Hasen heute am Rand stehen und schimpfen, dass früher alles besser war. Wie geht ihr mit den sicherlich unterschiedlichen Erwartungshaltungen von älterem und jüngerem Publikum um?
Das ist natürlich heftig. Als Waldstock das erste mal stattgefunden hat, war ich satte drei Jahre alt. Aber it’s all about Vertrauen. Und das Wissen, dass hier alle nach bestem Wissen und Gewissen arbeiten und keiner sein Ding macht. Sondern die ursprüngliche Ideologie, über die wir schon gesprochen haben, weiterverfolgt wird. Dass sich da auch mal was an der Programmausrichtung ändert ist klar. Und …

... ich bin natürlich emotional sehr beeinflussbar vonder Meinung meiner Vor, Vor, und Vor-Vorgänger.

Wenn da jemand sagt, das ist doch Bullshit, dann trifft mich das schon hart. Aber sowas passiert zum Glück nicht so häufig. Was uns auch Rückhalt gibt ist, dass tatsächlich noch viele der Gründungsmitglieder bei uns aktiv sind. Harry, der bei uns das Catering macht, ist schon seit Anfang an dabei. Andy, der den Verein von Beginn an geleitet hat, organisiert noch Fußstock, ist immer als Gesprächspartner da, macht Fotos auf Waldstock. Uli, der von Anfang an beim Booking dabei war, schlägt immer noch ab und zu was vor und gibt seinen Senf dazu. Also, Waldstock scheint für manche ein Leben lang schön zu bleiben. Zumindest bis ins Familienvater-Alter hinein. Trotzdem gibt es immer wieder auch harter Kritik. Klar. Aber wir als Vorstand versuchen wichtige Entscheidungen einstimmig zu treffen. Noch wichtigere sogar nur mit dem ganzen Verein. Und dann stehen wir sicher.

Was die Erwartungshaltungen betrifft stelle ich mir beim Booking immer so sechs, sieben verschiedene Menschen die ich kenne vor, die zu Waldstock kommen. Alle haben musikalisch andere Erwartungen, Vorstellungen. Und ich versuche dann immer den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen diesen sechs, sieben Personen zu schaffen. Das ist dann zum Beispiel der Schulfreund, der viel eher so poppigen Indie hört. Oder totale Hard-Blues-Rock Fan, Ende der 30er, der hier in der KSB arbeitet, das ist einer der größten Arbeitgebert der Stadt. Der experimentelle Musik-Dude. Der seit zwanzig Jahren kommende Alt-Hippie. Aber auch jemanden wie meine Mutter. Ich stell mir dann immer vor meinem geistigen Auge vor: Was würden die Person jetzt zu dieser Band sagen? Für alle sieben passts nicht immer, aber wenns bei 15 Bands die ich buche jedem drei bis vier mal gefällt, kann ich zufrieden sein.

Was ist das schlimmste, dümmste oder außergewöhnlichste was in den letzten
Jahren auf dem Waldstock passiert ist?

Letztes Jahr haben The Wave Pictures krankheitsbedingt abgesagt (deshalb haben wir sie dieses Jahr nochmal gebucht). Und zwar drei Tage vor dem Festival. Während ich in der Prüfungsphase an der Uni war. Das war…gelinde gesagt, unlustig. Die Hölle. Weil, kein kleiner Act, sondern schon in Richtung Abend, Slot 6, 19:00 Uhr. Da ist die Hütte voll. Und find da mal was auf die Schnelle. Irgendwie hab ich’s dann aber geschafft und Isolation Berlin gebucht. Das war ein bisschen Riecher und viel Glück, dass das geklappt hat. Also von der Höllensituation was Waldstock betrifft steht das bei mir ganz oben.
Auf dem Festival selber…sorry, da muss ich passen. Außergewöhnlich ist vielleicht, dass es immer größer wird. Und trotzdem so awesome bleibt. Wir mögen unser Festival.

Und gibt es für dich so etwas wie den tollsten oder schönsten Moment seit du dabei bist?
Mein erstes Booking. Das waren The Good, The Bad, eine „New School Surf AndFlamenco“ Band aus Dänemark. Stolz wie Eduard war ich, als die Band gleich auf Slot 7, also ein Headliner-Slot, gesetzt worden ist und die Leute gefeiert haben ohne Ende. Und dann war ein Foto von der Band am Montag nach dem Festival auf der Titelseite vom Nordbayerischen Kurier, man man…damals war ich 19. Am emotionalsten war wahrscheinlich das Mitarbeiterfest nach unserem ersten Waldstock als Vorstand. 2014. Das ist immer direkt nach dem Aufräumen, am ersten Tag nach dem Festival. Die Anspannung war riesig vor dem Fest und dann hat eigentlich alles wunderbar geklappt. Als ich dann vor unser ganzes Team getreten bin, das uns so großartig unterstützt hat, immer mit einem Lachen im Gesicht und immer mit Leidenschaft und mit großen Schultern zum anlehnen und mit beruhigenden Worten und mit einem Klaps auf den Kopf und mit dem Vertrauen, das man uns geschenkt hat. Ich hab so gezittert. Davor hab ich ehrlichgesagt noch geheult wie ein Schlosshund, weil die ganze Anspannung von mir abgefallen ist. Bei der Dankesrede dann zum Glück nicht mehr. Aber emotional war das trotzdem, meine Herren.

Was kannst du uns zum Waldstock 2016 verraten? Über welches Booking freut ihr euch dieses Jahr am meisten, gibt es abseits der Musik etwas auf das man sich freuen sollte und wie viel Besucher erwartet ihr?
Puh, das kann ich immer schwer beantworten. Als Booker hat man natürlich eine
Beziehung zu jeder Band, die man bucht. Der Gedanke eine Band zu buchen muss sich ja erst mal einnisten, und dann hast du diese Band als einfach passend für genau diese Zeit im Kopf. Aber worauf ich mich schon sehr freue ist Human Abfall. Die Stuttgarter Postpunker spielen als letztes am Samstag, um Mitternacht. Das ist ein Slot, wo wir immer so ein bisschen rumspinnen dürfen, da ist mal Techno, mal harter Punk, mal sowas wie Die Nerven oder eben Human Abfall. Ich bin unglaublich gespannt darauf, wie die Band ankommt. Der Sänger, Flavio Bacon, singt ja nicht wirklich, sondern deklamiert seine Weisheiten mit einem Priestergestus von der Bühne herunter und starrt dabei mit weit aufgerissenen Augen alle an. Und im Hintergrund spielt sich seine Band mit Noise-Eskapaden irgendwo in den siebten Musikerhimmel. Wahnsinn. Das bläst alle weg. Entweder vom Festplatz runter, oder, natürlich besser, nur ins Gehirn.

Abseits von der Musik geht es schon darum, ein großes Ganzes zu schaffen. Wir haben eine interne Deko-Gruppe, Bastelstock, die im Mai, Juni anfängt Sachen zu basteln. Außerdem haben wir Foodstock, allerlei Essensbuden und dieses Jahr auch das größte Rahmenprogramm, das wir bisher hatten. Die Mixed Pickles, ein Künstlerinnen-Kollektiv aus Berlin, hat einen Soundwalk konzipiert. Man kann sich an einer Station Kopfhörer holen, dann hört man Texte die extra für Waldstock eingesprochen worden sind und dann kann man das hören und sich frei durch den Wald bewegen. Dann haben wir einen Trommelworkshop mit der Gruppe Okafo, das ist eine Trommelgruppe, die von einem der Refugees die in Pegnitz leben, geleitet wird. Außerdem spielt an unserer Kaffeebude an einem selbstgebauten Balkon der großartige Andi Valandi dreckige Bluessongs von der Straße und wir haben den Poetry-Slammer Lucas Fassnacht eingeladen. Also, immer was los, auch außerhalb der Musik.

Für die Unwissenden: Warum lohnt sich ein Besuch auf dem Waldstock?
Weil Waldstock ein Festival ist, das seine Besucher liebt. Wirklich. Und weil Waldstock sich über Gegenliebe freut. Und wenn man das zusammenklamüsert und noch geile Musik drauf packt – was willste mehr? Und das alles: Kostenlos.

Vielen Dank für deine zeit und viel Erfolg bei der weiteren Planung!
Ich danke euch für euer cooles Projekt und die schönen Fragen!

Alle Infos zum Waldstock gibt es hier: waldstock.de
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