Magazin

Ein Interview als Zeitreise

Erste Schritte mit Kid Simius


Kid Simius verkörpert das, was elektronischer Musik heute viel zu oft fehlt: Bewegung. Sein Verständnis dafür, was musikalisch möglich ist, was geht und was vor allem gehen kann, ist erfrischend, sorgt für grinsende Gesichter und macht ihn in aller erster Linie zu einer Live-Macht. Seine Ausbrüche in andere Gefilde sind unberechenbar und auch seine DJ-Sets sind genau aus diesem Grund einzigartig.

text Johannes Jacobi
redaktion Tina Huynh-Le
fotos Sascha Krautz



Einleitend zu einem ausführlicheren Ausflug diesen Sommer haben wir ihn am 1. Mai für einen Nachmittag begleitet. Neben seinem DJ-Set als Eröffnung für Paul Kalkbrenner hatten wir genug Zeit, um über seine Anfänge zu sprechen und haben gerade genug herausgefunden, um dann im Juli ordentlich nachzuhaken.

Mein erstes Konzert als Besucher: Das war eine Punk-Band namens P.P.M. aus Granada. Aber mein erstes richtig großes Konzert war Lou Reed auch in Granada. Das war mega geil! Lou Reed hat mich auch später noch sehr beeinflusst.

Erstes Konzert auf der Bühne: Im Music 7 in Granada. Ich war mega aufgeregt und hab mich ständig gefragt: „Warum habe ich das nur gemacht?“ Am Ende war es natürlich richtig geil und ich wollte direkt weitermachen.

Mein erstes Mal im Club: Das war ein Club der immer viel Unterground-Rock gespielt hat. Der DJ hat The Velvet Underground mit I’m waiting for my man gespielt und ich kam gar nicht drauf klar, das um 5 Uhr morgens laut in einem Club zu hören und dazu zu tanzen.

Erster Urlaub ohne Eltern: Richtig geil war es, als ich mit dem Abi fertig war. Da sind wir zum Benicàssim Festival gefahren mit ein paar Homies. Das hat mich für später dann auch mega beeinflusst.

Erste gekaufte Platte: Das war eine Kassette. Ich hatte zu meinem zehnten Geburtstag Geld bekommen und habe mir davon dann Blur – 13 und die Spice Girls gekauft. Das war eine gute Kombo. Blur hat sich dann durchgesetzt.

Erstes Festival selbst gespielt: Das war ein Festival in einem kleinen Dorf in Spanien und es waren mega wenig Leute da. Dort habe ich aufgelegt und war natürlich nicht so begeistert.

Erstes Mal Backstage: Da gab es ein kleines Festival in so einem Club in Granada. Da kann ich mich dran erinnern, weil es das erste Mal war, dass ich einen Backstagepass bekommen habe. Den habe ich auch immer noch. Ich dachte, dass ich den für die Zukunft aufheben kann, um ihn meinen Kindern zu zeigen und ihnen zu erzählen, dass ich mal Künstler war. Das war so 2005/2006.

Erstes Mal campen: Vielleicht irgendein Schulausflug. Wir haben immer die Kameras von den Mädchen geklaut und heimlich unsere Ärsche fotografiert und sie dann unbemerkt zurückgelegt. Als sie die Bilder dann entwickelt haben, waren da nur Bilder von Ärschen.

Erste Schlägerei: Im Schulbus wurde ein Kind immer gemobbt und ich wollte ihn verteidigen, weil mir das auf den Sack ging. Ich hab den Bösen der Schule einfach weggeschlagen. Er hat dann geblutet und angefangen zu weinen. Wir waren ja noch jung und er hat aus dem Mund geblutet. Da habe ich dann auch selber angefangen zu weinen und bin zu meinen Eltern um mich zu entschuldigen. Die haben dann mit dem Direktor geredet, weil ich mich so schlecht gefühlt habe.



Erster geschriebener Song: Lustigerweise war meine Oma immer die modernste in der Familie. Sie war die erste, die sich einen vernünftigen Computer gekauft hat, sie war die erste, die einen Discman hatte und sie war die erste, die einen Laptop hatte. Mit dem habe ich mir dann ein Programm runtergeladen und habe angefangen Musik zu machen. Ich habe meinen Bruder aufgenommen, der war vielleicht 10 oder 12 Jahre alt und er war dann eben auch auf dem Song drauf.

Erster Proberaum: Das war bei uns im Dorf, den habe ich mir mit irgendeiner Heavy Metal Band geteilt. Hatte ich aber auch nur einen Monat und dann war es mir zu teuer, weil ich auch so selten da war. Ich hatte ja auch kein Auto.


Erste Show im Ausland: Das war vor bestimmt 10 Jahren im Sisyphos. Das war da nicht so richtig geöffnet, aber eine Freundin hatte mich für ihren Geburtstag gebucht. Ach so nee, ich hatte vorher schon in Norwegen gespielt. Da habe ich ein Jahr lang Flyer und Plakate verteilt und am Ende durfte ich da spielen.

Erstes eigenes Instrument: Eine Gitarre, die ich zu Weihnachten bekommen habe.

Der Moment, in dem ich mich bewusst für Musik als Beruf entschieden habe:Wahrscheinlich als ich in Norwegen war. Da wurde mir bewusst, dass mir alles andere keinen Spaß machen würde.

Erstes Konzert mit mehr als 1.000 Leuten: Irgendein Festival mit Marteria im Sommer 2009. Vielleicht Splash. Da war ich so aufgeregt und habe nur gezittert. Das war Adrenalin pur.