interviews Johannes Jacobi
fotos Sascha Krautz
21 Jahre alt, Flamejets und Katzen? Zahn verloren, Leiter klauen und Costa Rica? Das teilweise noch sehr junge Fuchsbau Team hat in wenigen Jahren ein anspruchsvolles, in Deutschland schwer vergleichbares Festival geformt. Vom Konzept bis zum finalen Programm, die Messlatte hängt hoch. Wir freuen uns, dass uns ein Teil des Teams ein paar Fragen beantwortet hat.
Luna / 23 / Leipzig / 5. Fuchsbau
Dein Aufgabenbereich hier?
Ich hab den Hut auf für den Kulturbereich. Zum Teil nehme ich aber auch die Rechnungen an und verwalte die Barkasse.
Beschreib dein Fuchsbau 2016 bisher.
Sehr widersprüchlich. Auf der einen Seite sehr schön, denn alle Diskussionsrunden waren voll, das hat mich sehr glücklich gemacht. Ich hatte aber plötzlich auch einen neuen Aufgabenbereich. Ich wurde Stagemanagerin – das hat mich durchaus ein wenig überfordert. Ich hoffe aber trotzdem, dass alle recht glücklich mit meiner Arbeit waren.
Unser Publikum kann auf jeden Fall etwas ab.
Aus all den Jahren Fuchsbau, welcher Moment ist bei dir besonders hängen geblieben?
2015 haben wir den in Afghanistan gedrehten Film „Restrepo“ gezeigt. Ich habe den Film vorher gesehen und war der Meinung, dass wir den zeigen können. Als ich dann aber die letzten 10 Minuten drin saß, dachte ich nur „Oh Gott, was habe ich da angestellt? Was habe ich den Leuten zugemutet?“ Der Film ist krass, gerade in den letzten 10 Minuten wird es sehr emotional und die teilweise sehr jungen Soldaten reflektieren über ihre Zeit dort.
Das Publikum ist aber tatsächlich noch für eine Diskussionsrunde zum Thema Medien und Krieg sitzen geblieben. Alle sind geblieben und haben sich mit diesem heftigen Thema auseinander gesetzt. Da dachte ich nur: „Ok, unser Publikum kann auf jeden Fall etwas ab.“
Was machst du im normalen Leben und könntest du dir vorstellen, Fuchsbau full-time zu machen?
Ich habe gerade in Kulturwissenschaften fertig studiert. Hab meine Bachelorarbeit zehn Tage vor dem Festival abgegeben. Ansonsten fange ich demnächst in Leipzig literarisches Schreiben an und ich habe zwei Katzen.
Full-time weis ich nicht. Teilzeit definitiv, da hätte ich schon Bock drauf. Dass ich parallel auch noch andere Sachen mache, hilft ja dem Festival. Das Schreiben, die Kontakte mit Autorinnen und Autoren. So kommt man auch an Diskutantinnen und Diskutanten. Das befruchtet sich eben gegenseitig.
Henry / 22 / Hannover / 5. Fuchsbau
Aufgabenbereich?
Artist-Host und irgendwie alles was mit Design zu tun hat.
Wie bist du zum Fuchsbau gekommen?
Blöde Frage. Ich habe sie gefragt, ob sie Flyer bräuchten.
Beschreib mal das Fuchsbau 2016 aus deiner Sicht.
Eine wahnsinnig große Produktion im Vergleich zu den letzten Jahren. Wir haben uns mit der gesamten Mannschaft absolut bis ans Limit gearbeitet. Dafür ist es aber auch verdammt gut gelaufen. Klar gibt es immer unvorhergesehen Positionen, aber dadurch bleibt es auch spannend.
Schlimmster oder bester Moment dieses Jahr?
Wir haben hier vier Flamejets und als Le1f gespielt hat, hat mich unser Lichtmann zu sich gebeten. Ich habe dann alle vier Knöpfe gedrückt, genau als der Break kam, das war ein echt schöner Moment.
Der schlimmste Moment war wohl gestern am Morgen, als wir überlegt haben, das mit den Shuttles sein zu lassen und nur noch Taxis zu bestellen. Zwei Stunden später hat aber alles wieder funktioniert und ich weiß selber nicht wieso.
Ich sehe das hier viel mehr als Studium meiner selbst.
Aus all den Jahren Fuchsbau, welcher Moment ist bei dir besonders hängen geblieben?
Das Jahr 2013. Da mussten wir innerhalb von vier Monaten die Location wechseln und mit einem kleinen Team in nur vier Wochen das komplette Festival aus dem Boden stampfen. Das waren echt wahnsinnig intensive Wochen. Im Nachhinein war das aber auch einfach ein geiles Erlebnis, weil wir dadurch nach dem Festival die emotionalsten Momente hatten.
Was spielt das Fuchsbau Festival für eine Rolle in deinem Leben?
Gerade vom Zeitpensum spielt es doch eine recht große Rolle. Es ist aber auch ein wahnsinniger Lernprozess. Ich sehe das hier viel mehr als Studium meiner selbst. Man kann sich nirgends so gut neue Fähigkeiten aneignen wie hier. Ein Projekt mit so einer großen Eigenverantwortung zu entwickeln und zu realisieren, ist auf jeden Fall eine spannende Sache.
Könntest du dir vorstellen, das full-time zu machen?
Das ist eine gute Frage. Ich glaube das könnte ich so 5 Jahre, dann wäre ich aber auch fertig mit den Nerven. Wenn sich die Chance allerdings böte und ich dort alle Freiheiten hätte die ich hier auch habe, dann wäre das vielleicht doch eine Option.
So etwas findet man sonst nur in festen Clubs wie dem Watergate.
Felix / 36 / Hannover / 3. Fuchsbau
Deine genaue Positionsbezeichnung hier?
Ich bin der gesamttechnische Leiter für alles was mit Licht und Ton zu tun hat.
Warst du auch schon auf anderen Festivals aktiv?
Wir waren schon auf der Fusion, Waldfrieden und mal hier und mal da auf unterschiedlichen kleineren Festen.
Was ist da so der größte Unterschied zum Fuchsbau?
Die meisten Festivals die ich privat besuche, gliedern sich da schon ähnlich ein. Fuchsbau, Fusion etc. – schon ein bisschen alternativer, offen und nicht kommerziell ausgerichtet.
Hier können sich so manche noch eine Scheibe von abschneiden.
Was bedeutet das Fuchsbau für dich persönlich?
Mittlerweile ist es das Festival, wo wir uns alle noch ein Stück weit mit einbringen können. Wir können uns ausleben, Sachen basteln und dabei noch etwas bewirken. In der Technik sind wir ja eher die ältere Generation, im Gegensatz zum Orga-Team. Da kann man denen auch noch etwas mitgeben an Tipps und Kritik. Es ist hier einfach ein schönes Miteinander.
Dein Fuchsbau 2016 bis jetzt?
Sehr anstrengend war die Aufbauphase, weil die meisten Kunstkollektive hier sehr unvorbereitet auftauchen bzw. sie davon ausgehen, dass sie hier alles gestellt bekommen. Da bin ich meistens der erste Ansprechpartner für Werkzeuge. Dann drehst du dich kurz um, um eine Lampe auf zu hängen, auf einmal ist deine Leiter weg. Dann findest du sie nach zwei Tagen irgendwo anders wieder, dann kriegt man schon mal die Krise.
Besonders schön finde ich, dass die Mainstage jetzt so aussieht wie sie aussieht. Es ist ja jedes Mal wieder ein Experiment und man weiß nicht, ob funktioniert, was man sich da auf dem Papier ausgedacht hat. Generell hatten wir hier ein paar Installationen, so etwas findet man sonst nur in festen Clubs wie dem Watergate. Hier können sich so manche noch eine Scheibe von abschneiden.
Aus all den Jahren Fuchsbau, welcher Moment ist bei dir besonders hängen geblieben?
Dieses Jahr. Obwohl wir im Vergleich zum letzten Jahr viel besser vorbereitet waren, war es doch viel chaotischer. Es ist trotzdem schön und alles hat funktioniert. Keiner kaputt, alle sind glücklich, auch wenn sie ein bisschen übermüdet sind.
Jannis / Berlin / 21 / 5. Fuchsbau
Was ist deine genaue Positionsbezeichnung?
Projektkoordination und Produktionsleitung
Wie fing es für dich an?
Christopher, der auch Projektkoordinator ist, hat mir aus Costa Rica eine Nachricht geschrieben. Er hat da eine Idee für eine Veranstaltung über 2 Tage. Eine kleine Bar, ein bisschen Kunst und Musik. Also habe ich das schon mal ein bisschen in die Wege geleitet. Dann haben wir ein Crowdfundingprojekt gestartet und 3.000€ gesammelt und jetzt, fünf Jahre später, haben wir ein bisschen mehr als 3.000€ Budget.
Wie viele Besucher habt ihr denn dieses Jahr?
Wenn wir die Gästeliste mit dazu zählen, dann müssten es deutlich über 5.000 gewesen sein. Damit wäre die Kapazität hier aber auch erreicht. Wobei es schwer ist, den benötigten Platz der Campingbesucher zu kalkulieren. Es gibt zwar vereinzelt noch leere Ecken, aber an sich ist der Platz rappel voll.
Beschreib mal dein Fuchsbau bis jetzt.
Dieses Jahr gab es ein paar Baustellen. Vor allem Sicherheitsrelevante. Bei über 5.000 Besuchern hast du eben ganz andere Themen auf der Tagesordnung stehen. Es gibt leider immer ein paar Volltrottel und die fallen dann bei 5.000 Gästen schon mehr ins Gewicht. Das wurde aber super durch unser Awareness-Team aufgefangen, die sind übers Gelände gelaufen und haben sich um die Besucher gekümmert. Das Sicherheitsteam hat auch top gearbeitet. Dadurch war es ein super Festival ohne große Zwischenfälle.
Mein schönster Moment war aber bei Sarah Farina auf der zweiten Stage. Das war ein unglaublich gutes Set. Ansonsten war es aber, wie auch in den letzten Jahren, leider so, dass ich mich nicht richtig entspannen konnte.
Bei über 5.000 Besuchern hast du eben ganz andere Themen auf der Tagesordnung stehen.
Könntest du das Fuchsbau Festival in einem Satz für dich zusammenfassen?
Feiern mit Köpfchen.
Was machst du im normalen Leben?
Ich studiere Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation.
Bin nebenbei noch Filmproduzent um mein Geld zu verdienen und mache hier und da noch kleinere Projekte in verschiedenen kulturellen Bereichen.
Könntest du dir vorstellen, das hier full-time zu machen?
Weiß ich gar nicht. Ich glaube das Festival funktioniert nur so gut, weil wir alle aus verschiedenen Lebensbereichen kommen und alle unterschiedliche Studiengänge haben. Das können wir dann super einbringen. Würden wir full-time daran arbeiten würden uns glaube ich die Einflüsse fehlen. Ich könnte mir zwar auch vorstellen, das professionell zu machen, aber auf jeden Fall nicht als großer Veranstalter, der ein Festival nach dem nächsten durchführt.
Aus all den Jahren Fuchsbau, welcher Moment ist bei dir besonders hängen geblieben?
Ein Besucher aus Frankreich kam 2013 am Montag nach dem Festival zu uns, weil er einen Zahn verloren hatte. Natürlich konnten wir den dann auch nicht wiederfinden. Jedenfalls war der Besucher dieses Jahr wieder da. Er wurde allerdings ohne Bändchen auf dem Gelände gefunden und die Security musste ihn des Geländes verweisen. Eine Stunde später stand er wieder auf dem Gelände. Er bekam Hausverbot und die Polizei wurde gerufen. Eine halbe Stunde später war er aber wieder auf dem Gelände. Er hat es einfach irgendwie nicht verstanden. Jetzt sitzt er in Lehrte in der Zelle – weil er es einfach nicht verstanden hat.