text Johannes Jacobi
redaktion Tina Huynh-Le
fotos Jean-Paul Pastor Guzmán & Kathrin Leisch
Das HER DAMIT Festival verschreibt sich weitestgehend dem elektronischen Underground, bespielt außergewöhnliche Locations und verweigert sich dem Wachstum. Eine Kombination, die auch in diesem Jahr wieder einen geschmackssicheren Haufen Techno-LiebhaberInnen in eine Bunkeranlage bei Berlin ziehen wird.
Wir wollten wissen, wie die Musik zum HER DAMIT kommt und was ein Bahnstreik mit erlösenden Momenten zu tun hat.
Bitte stell dich doch mal kurz vor. Name, Alter, wie lange bist du schon für das Booking zuständig und wie fing alles an bei dir?
Hallo, mein Name ist Mel (36), ich mache das Booking fürs Her Damit seit Anbeginn. Zu „Raven“ begann ich vor ca. 20 Jahren, meine ersten beruflichen Schritte in der elektronischen Musik machte ich vor ca. 8 Jahren, habe in der Zeit u.a. als Booking Agent gearbeitet und selbst ein eigenes Label gegründet.
Drei Tracks, die heute in deiner Playlist laufen?
Ohje, einige der Her Damit Raver wären wahrscheinlich schockiert, wenn sie wüssten, was ich mir gerade so am liebsten anhöre… Da ich beruflich Tag und Nacht mit House und Techno zu tun habe, brauche ich ab und an mal ‘ne musikalische Pause, zumindest Zuhause, um dann wieder so richtig Lust darauf zu bekommen. Momentan ist wohl mal wieder so ´ne Pause-Phase angesagt. Meine aktuelle Playlist ist auf jeden Fall sehr 90s-lastig und poppig… Was genau da läuft, bleibt wohl besser mein Geheimnis.
Wie würdest du das Rezept für euer Line-Up in einem Satz zusammenfassen?
Es ist eine Mischung aus New- und Upcoming Artists und solchen, die die Szene schon lange beleben und prägen. Manche nennen es auch sehr undergroundig, ich würde sagen, dass es einfach weitestgehend Headliner-frei ist.
Was schätzt du, wie viele Band/DJ Bewerbungen bekommt ihr jedes Jahr? Hörst du alle durch und sind die für euer Line-Up überhaupt relevant?
Sehr viele. Die meisten sind leider gar nicht relevant und ich frage mich oft, ob die eigentlich wissen, wo sie sich da gerade bewerben. Ansonsten höre ich mich aber sehr gern von Zeit zu Zeit durch die Bewerbungen und bin so auch schon auf sehr interessante Leute aufmerksam geworden.
Wie gehst du mit der Erwartungshaltung eurer Gäste um? Es ist ja unmöglich, es allen recht zu machen, aber trifft dich Gemecker und Kritik persönlich?
Damals vor dem ersten Her Damit hat ein guter Freund zu mir gesagt, dass ich nie vergessen soll, dass ich es niemals allen recht machen werden könne, mindestens einer meckere immer. Der gute Freund arbeitet seit vielen Jahren bei einem anderen Festival, dass es schon seit 20 Jahren gibt. Irgendwie ist dieser Satz wie eine Art Mantra zu nehmen, er hilft auf jeden Fall, irgendwann besser mit Gemecker und Kritik umgehen zu können. Anfangs war das wirklich schwierig für mich, mittlerweile gehe ich schon wesentlich gelassener damit um, vor allem weil ich besser differenzieren kann zwischen reinem Blödsinns-Gemecker und konstruktiver Kritik. Über letzteres bin ich immer sehr dankbar, denn nur so kann das Her Damit sich weiterentwickeln.
Gibt es so etwas wie deinen größten persönlichen Erfolg beim Booking der letzten Jahre?
Als der Manager von Juan Atkins sich letztes Jahr von sich aus gemeldet hatte und meinte, ob wir nicht Lust hätten, ihn zu buchen, er hätte Bock zu kommen, habe ich mich auf jeden Fall schon ein bisschen gefreut.
Wie viel Prozent eures Line-Ups für dieses Jahr sind schon bestätigt?
100%.
Drei Acts aus euer Festivalvergangenheit, an die du dich besonders gern erinnerst?
1. Bambounou, 2016: Ich weiß nicht wie, aber irgendwie war bei seinem Set das gesamte Artist Care und Booking Team am Start und hat gefeiert. Das gabs vorher und nachher so nie, normalerweise sind ja alle immer ziemlich beschäftigt.
2. Juan Atkins, 2017: Ich habe mich während seines Sets für 5min seitlich auf die Bühne gestellt, in die tanzende Menge geblickt und dachte mir nur: Das ist doch alles total verrückt hier! War toll!
3. nd_baumecker, 2016: 2015 war ein richtig schwieriges Jahr, der große Bahnstreik fiel genau auf unser Festival-Wochenende, viele Besucher blieben daher aus. Die Zeit danach war richtig anstrengend für uns. In den letzten 60 min von nd_baumeckers Set bin ich auf die Stage, er spielte auf einem der großen Outdoor-Floors. Vor der Bühne war alles voll, ein unbeschreiblicher Vibe. Als er einen DJ Koze Remix von Lana Del Rey´s Song Videogames spielte, drehte er sich beim Einsetzen der Lyrics zu mir um, sang mit und zeigte dabei auf mich. „It´s you, it´s you, it´s all for you, everything I do“ – ich konnte nicht anders und musste sofort anfangen zu heulen. Nach all den vorherigen Strapazen, war das für mich ein total erlösender und der bislang schönste Her Damit Moment.
Welches war das erste Festival, welches du selbst besucht hast und was ist dir davon besonders in Erinnerung geblieben?
Rock im Park – Helga
Drei Festivals, die dich inspirieren und deren Line-Ups wir uns unbedingt anschauen sollten?
Das Nachtdigital hat auf jeden Fall großes Lob verdient.
Drei Festivals, die du in der Vergangenheit selbst besucht hast?
– Rock im Park
– Nachtdigital
– Plötzlich am Meer
Mit allem Geld der Welt, was wäre dein Traum-Act für euer Festival?
Jeff Mills
Zum Abschluss verrate uns doch noch bitte deinen Geheimtipp für 2018. Welchen Act sollte sich niemand entgehen lassen?
Ich persönlich freue mich total auf DJ Yamaho. Sie habe ich gemeinsam mit Freunden vor 2 Jahren bei einem Island-Urlaub in einer Bar entdeckt. Eigentlich sollte sie letztes Jahr schon spielen, musste aber leider aufgrund eines familiären Vorfalls kurzfristig canceln. Dieses Jahr kommt hoffentlich nichts dazwischen.
Außerdem bin ich auch sehr auf Eris Drew aus Chicago gespannt. Sie ist eine der wenigen, die ich bislang noch nicht selbst irgendwo gehört habe, ich kenne nur ihre Podcasts und Mixe. Ich durfte sie vor Kurzem hier in Berlin aber kurz persönlich kennen lernen und ihre Persönlichkeit ist wirklich umwerfend. Seitdem bin ich umso gespannter auf ihr Set bei uns.