text Johannes Jacobi
redaktion Tina Huynh-Le
fotos Stephan Flad, Matías Altbach, Johannes Riggelsen
15 Jahre lang ist Stefan Lehmkuhl bereits für das Booking beim Melt Festival zuständig. In dieser Zeit hat er sich nicht nur selbst mehrere Denkmäler gesetzt, sondern das Festival europaweit zur angesehenen Marke bei Fans bester Musik, großer Abende und langer Nächte gemacht. Wir haben mit ihm über seine größten Erfolge, aktuelle Lieblinge und die Arbeit als Booker allgemein gesprochen.
Bitte stell dich doch mal kurz vor. Name, Alter, wie lange bist du schon für das Booking zuständig und wie fing alles an bei dir?
Hi, ich bin Stefan Lehmkuhl, 39 und mache das jetzt schon seit 15 Jahren. Auch davor hatte ich schon immer mit Konzerten und Events zu tun, angefangen als Stage Hand und allen möglichen sonstigen Jobs bei Veranstaltungen von Rammstein bis Dieter Thomas Hecks „Musik Liegt In Der Luft“ oder André Rieu in der Halle Münsterland in Münster, wo ich herkomme. Dann war ich jahrelang als Eventredakteur und im Marketing verantwortlich für das Intro Magazin und den Festivalguide.
Drei Künstler, die heute in deiner Playlist laufen?
DJ Koze
King Princess
Brockhampton
Ein Song, der in diesem Jahr bisher besonders häufig bei dir gelaufen ist?
George FitzGerald – Burns
Wie würdest du das Rezept für euer Line-Up in einem Satz zusammenfassen?
Ein sehr zeitgemäßes und genreoffenes Line-Up für überdurchschnittlich musikinteressierte Menschen jeden Alters, die gerne eine friedlich wilde Zeit mit vielen anderen tollen Menschen aus der ganzen Welt im wunderschönen Ferropolis erleben wollen.
Was schätzt du, wie viele Bandbewerbungen bekommt ihr jedes Jahr? Hörst du alle durch und sind die für euer Line-Up überhaupt relevant?
Vielleicht im Schnitt fünf pro Tag, also sagen wir mal insgesamt mindestens 1.500 im Jahr. Ich denke nicht, dass ich/wir die wirklich alle durchhören. Insbesondere die, wo man von vornherein sieht, dass sich da beim Vorschlagen jemand nicht mit dem Festival befasst hat. Da kommt alles rein vom Alleinunterhalter bis hin zu Death Metal. Am schnellsten hören wir Dinge von Agenten, mit denen wir ein gutes Vertrauensverhältnis haben, also auch in ihren Musikgeschmack.
Wie gehst du mit der Erwartungshaltung eurer Gäste um?
Als Veranstalter muss man sich daran gewöhnen, grundsätzlich an allem Schuld zu sein, was nicht perfekt ist. Ob es nun in seinem Einflussbereich liegt oder nicht. Von daher prallt vieles ab. Aber natürlich nehmen wir konstruktive Kritik ernst und setzen diese, wenn es Sinn macht, auch möglichst schnell um.
Gibt es so etwas wie deinen größten persönlichen Erfolg beim Booking der letzten Jahre?
Das dürften schon meine Helden von Oasis gewesen sein und die besondere Konstellation aus Aphex Twin und Chris Cunningham nacheinander. Vielleicht aber auch Björk.
Was wird in diesem Jahr ganz besonders gut, worüber freust du dich bisher am meisten und was kommt noch?
Ich finde, wir haben in diesem Jahr als Team ein sehr zeitgeistiges und genderausgewogenes Line-Up hinbekommen. Darüber freue ich mich am meisten, kündigen wir doch noch vieles an, was es Vorort zu entdecken gibt. Zum Beispiel den Art Space oder zwei neue kleine Bühnen im Wald.
Drei Acts aus euer Festivalvergangenheit, an die du dich besonders gern erinnerst?
Oasis (2009): Weil ich Fan bin und als einziger Festivalverantwortlicher die ganze Show mit auf der Bühne stehen „musste“. Das war von der Band damals so gewünscht.
Atoms For Peace (2013): Musikalisch eine der besten Headlineshows, die es auf dem Melt jemals gab (leider auch eine der vom Publikum am wenigsten verstandenen. Es war mäßig voll vor der Hauptbühne). Und wann schüttelt man sonst schon nacheinander Thom Yorke von Radiohead und Basslegende Flea von den Red Hot Chili Peppers die Hand?
Kylie Minogue (2015): Weil sie es wider aller Erwartungen geschafft hat, das ganze Festival zu verzaubern und eine sehr kurzweilige große Popshow präsentiert hat. Außerdem war sie wohl die einzige in unserer Geschichte, die beim Soundcheck der versammelten Crew ein Privatkonzert gegeben hat.
Welches war das erste Festival, welches du selbst besucht hast und was ist dir davon besonders in Erinnerung geblieben?
Das Nature One Festival. Es hat tierisch geregnet, es war saukalt, alle waren ganz komisch auf Ecstasy und ich habe es gehasst. Da habe ich wohl entschieden, Festivals nur noch von der anderen Seite der Bühne besuchen zu wollen.
Drei Festivals, die dich inspirieren und deren Line-Ups wir uns unbedingt anschauen sollten?
Primavera Sound
Flow Festival
FYF
Drei Festivals, die du in der Vergangenheit selbst besucht hast?
Primavera
Glastonbury
Flow Festival
Drei Festivals, die du in der Zukunft noch besuchen möchtest?
Roskilde
Oya
Whole
Mit allem Geld der Welt, was wäre dein Traum-Act für euer Festival?
Das sind und waren schon immer Radiohead.
Auf welchen Wegen findest du neue Musik?
Uff… Eine geheime Formel aus Musikstreamingdiensten, Tipps von Kollegen, Releaseradars der Musikmedien und vorab Tipps von Agenten oder A&R-Managern, deren Musikgeschmack man einschätzen kann sowie nicht zuletzt die eigene Trüffelschweinnase.
Zum Abschluss verrate uns doch noch bitte deinen Geheimtipp für 2018. Welchen Act sollte sich niemand entgehen lassen?
Sehr schwierig, da nur einen zu nennen… Also was ich selbst schon gesehen habe, sind Faka, was ich noch sehen will The Busy Twist.