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Von vermissten Instrumenten und Spülschichten

Die Macher vom Haldern Pop Festival (Teil 2)


 
 

interview Johannes Jacobi
fotos Felix Strosetzki

Ihr liebt Geschichten am Backstage-Lagerfeuer und macht gern Leute nass? Ihr drückt gern viele Knöpfe schnell hintereinander und findet es schön im Schlamm steckenzubleiben? Dass das Haldern Pop als Juwel unter deutschen Festivals gilt, liegt auch an den Menschen dahinter – Grund genug, ein paar davon zu treffen.

 

Stefan / 38 / Haldern / Produktion

Wie oft warst du schon beim Haldern Pop und worum geht es bei dir?
Das ist mein 23. Jahr. Ich mache hier zusammen mit einem Kollegen die Produktion. Bedeutet, wir koordinieren den Auf- und Abbau und den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung.

Größte Baustelle die du gestern hattest?
Das Wetter. Wir hatten ja generell recht viel Land unter und festgefahrene Gäste. Alles andere war Tiptop, das einzige Problem war wirklich das Wetter.

Was steht heute noch so auf dem Plan für dich?
Das größte Thema ist das Herrichten des Platzes. Wir haben aber ein funktionierendes Team, die arbeiten ja Hand in Hand zusammen.

Was machst du im normalen Leben?
Ich bin Betriebswirt im Bildungssektor und bin selbstständig als Zulieferer für Festivals. Wir beliefern die ganzen Festivals mit Einlassbändern, Schlüsselbändern usw… Schaut mal auf einlassband24.de

Meine Frau würde mich töten.

Das Beste und Schlimmste an deinem Job?
Das Ineinandergreifen von alt und jung. Das Festival ist ja schon generationsübergreifend. Hier weckt der Vater den Sohn zum aufräumen und am nächsten Tag ist es dann andersherum.
Das Schlimmste ist der Abbau oder eben das Wetter. Das Problem mit den Wiesen, die auf Grund des Wetter komplett vollgesaugt sind.

Könntest du dir vorstellen das hier Hauptberuflich zu machen?
Meine Frau würde mich töten.

Werner / Hamburg / 51 / Koch

Wie oft schon auf dem Haldern?
Das müsste das sechste oder siebte Jahr sein.

Gibt es, im Vergleich zum Haldern, große Unterschiede zu anderen Festivals?
Das hier ist kein kommerzielles Festival. Das ist einfach ein schnuckeliges, kleines Superfestival mit netten Leuten die sich gegenseitig helfen.

Wie viel Essen sind gestern raus gegangen?
Abends machen wir um die 300 Essen und mittags zwischen 200 und 250.

Ein Künstler war mal der Meinung, dass die alle 45 Minuten etwas zu Essen bekommen sollen.

Ist dir in den letzten Jahren auf Festivals irgendetwas besonders Lustiges oder Schlimmes passiert?
Früher als es das Wodkazelt noch gab, da waren sicherlich ein paar Leute ganz schön angesäuselt. Ansonsten gab es mal Marilyn Manson, der in seiner Umkleide in eine große Magnum Sektflasche gekackt hat, das war aber nicht hier. Der ist einfach nicht ganz dicht.

Was ist das Beste und Schlimmste an deinem Job hier?
Das Beste ist die Atmosphäre und das Schlimmste sind die Fliegen in der Küche. Es ist da so drückend heiß drin und die Fliegen feiern da einfach ne Party bei uns. Obwohl wir Fliegenfänger und alles haben.

Was war der anspruchsvollste Job den du je gemacht hast?
Ein Künstler war mal der Meinung, dass die alle 45 Minuten etwas zu Essen bekommen sollen. Die kamen mit 120 Leuten!

Hier weckt der Vater den Sohn zum aufräumen und am nächsten Tag ist es dann andersherum.

Kirsten / Düsseldorf / 40 / Catering

Wie oft schon auf dem Haldern und in welchen Bereichen?
1992 war ich glaube ich das erste Mal als Gast hier, da hat Bob Geldof gespielt. Seit 1994 arbeite ich hier. Ich war von Anfang an im Catering, aber im Prinzip machen wir ja alles. Also auch mal die Bändchenausgabe oder Akkreditierungslisten. Wir wechseln uns ab und JEDER muss auch mal eine Spülschicht machen.

Da hast du sicher ein paar schöne Geschichten gesammelt in den letzten Jahren?
Wir haben die Tradition, uns Sonntags Abends zum Grillen treffen, wenn es hier ruhig geworden ist. Dann erzählen wir uns gegenseitig unsere Erlebnisse vom Festival, da kommen natürlich ein Haufen Geschichten zusammen. Am schönsten sind aber die Abende am Lagerfeuer im Backstage. Wenn man sieht, dass die Künstler sich dort wohlfühlen und dann doch nochmal die Gitarre rausholen und auch mal singen. Beim letzten Mal war das mit Glen Hansard und LaBrassBanda, die dann mit der Tuba durch die Gegend gezogen sind.
Oder Metz waren mal hier, aber ihre Instrumente sind nie angekommen. Da haben sie sich die Instrumente von anderen Künstlern geliehen – war dann natürlich auch schön zu sehen, dass das funktioniert.

Metz waren mal hier, aber ihre Instrumente sind nie angekommen.

Was machst du im normalen Leben und könntest du dir vorstellen, das hier Hauptberuflich zu machen?
Ich bin Gymnasiallehrerin und ich hab tatsächlich drüber nachgedacht. Während meines Studiums habe ich für eine Konzert- und Veranstaltungsagentur gearbeitet, mich dann aber doch irgendwann dagegen entschieden. Deshalb ist das hier für mich aber auch immer das Highlight. Ausbruch will ich das nicht nennen, aber es ist auf jeden Fall mal was ganz anderes. Das könnten sich viele in der Schule sicherlich nicht vorstellen, dass ich hier mit Gummistiefeln durch den Schlamm laufe und Teller spüle.

Was ist das Beste und Schlimmste an dem Job hier?
Das Beste ist der Kontakt zu den Leuten, was aber nicht bedeuten soll, dass ich darauf aus bin hier einen Superstar zu treffen. Es geht mir dabei um alle, die hier seit Jahren zum Arbeiten herkommen. Mir macht es so viel Spaß, Teil davon zu sein und den Gästen ein schönes Wochenende zu bereiten.
Das Schlimmste ist, dass einem irgendwann die Füße und der Rücken weh tun. Und natürlich wenn man sehr nass wird.

Karsten / Haldern / 36 /  Feuerwehr

Wie oft schon beim Haldern?
Als Feuerwehrmann sind es 19 Jahre. Davor auch 2-3 Mal als Besucher.

Größte Baustelle die ihr hier gestern hattet?
Ach wir haben die meiste Zeit nur Ruhe hier. Letztes Jahr war es einmal kurz davor abgesagt zu werden, wegen Unwetter, dass war dann für uns kurzzeitig Stress.

Heute noch etwas Wichtiges auf dem Plan?
Wir haben zwei Leute die permanent Streife laufen, was aber auch eher witzlos ist. Bei dem Wetter kann beim Grillen relativ wenig passieren.

Wie kann man sich denn den Tagesablauf bei euch vorstellen?
Wenn du die Wahrheit wissen möchtest, dann müssen wir erstmal nur hier sein. Wir laufen ein bisschen durch die Gegend, zeigen dass wir da sind und gucken uns die Verkaufsbuden mal an, um mögliche Fettbrände vorzubeugen.

Könntest du dir vorstellen nur auf Festivals zu arbeiten?
Ne, ich bin hauptberuflich Feuerwehrmann, aber eben nicht auf Festivals. Aber ich guck mir hier gerne die Leute an, einmal im Jahr ist das hier Pflichtprogramm. Das ist witzig, lustig, charmant und auch diese typischen Adjektive wie „familiär“, die man oft in der Zeitung findet, treffen alle zu. Danach reicht es dann aber auch.

Was ist das Schlimmste und Beste an deinem Job hier beim Haldern?
Naja, du siehst ja was hier los ist. Wenn denn wirklich mal was ist und wir auf den Platz müssen, dann wäre das blöd weil wir einfach schlecht vorankommen.
Das Beste sind sicherlich Geschichten, wo wir gutes tun können indem wir die Leute ein bisschen nass machen.

Da guckst du um 22 Uhr auf deine Uhr und denkst dir: „Super, noch fünf Stunden."

Oliver / 37 / Köln / Licht (Spiegelzelt)

Wie oft schon beim Haldern und was machst du im normalen Leben?
Das ist mein drittes Mal. Auch im normalen Leben mache ich Licht. Also viel Rock ’n‘ Roll Sachen in Köln. E-Werk, Palladium und so. Im Sommer aber auch viele Festivals.

Gibt es gravierende Unterschiede von anderen Festivals zum Haldern?
Der größte Unterschied ist sicherlich, dass hier alles sehr freundlich gestaltet ist. Keine Akkordarbeit und auch keine Plackerei. Alle sind hier sehr zuvorkommend.

Was steht heute noch an?
Ich lass mich mal überraschen was kommt und schau mir die Bands an. Davon kenne ich ja die wenigsten, aber man entdeckt immer wieder schöne Sachen.

...wenn man im Schlamm stecken bleibt und 4-5 Leute direkt aufspringen um dich rauszuschieben.

Was wäre denn hier für dich eine Herausforderung?
Ich mag ja ganz gerne gitarrenlastiges Zeug, weil man da viele Knöpfe schnell hintereinander drücken muss.

Gibt es für dich eine Geschichte auf dem Haldern, die heraus sticht?
Besonders schön ist es natürlich immer, wenn man im Schlamm stecken bleibt und 4-5 Leute direkt aufspringen um dich rauszuschieben.

Das Beste und Schlimmste an deinem Job auf dem Haldern?
Das Familiäre und Freundliche. Das Schlimmste ist der heutige Tag. Es sind 10 Bands und dadurch ist der Tag auch unfassbar lang. Da guckst du um 22 Uhr auf deine Uhr und denkst dir: „Super, noch fünf Stunden.“