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Wenn der Chef verspricht, Rühereier für die Bands zu machen

Die Macherinnen und Macher vom Maifeld Derby


 
 

text Johannes Jacobi
redaktion Tina Huynh-Le
fotos Sascha Krautz

Anwohnertelefon für die benachbarte Gartenparty und Backstage im Reitstall? Einlassmanagement mit Baby auf dem Arm und für jeden Furz einen Paragraphen? Es sind die kleinen Baustellen beim Maifeld Derby – wir wollten mehr erfahren und haben uns drei Mitglieder des Orga-Teams geschnappt.

 

Zora / 25 / Mannheim

Wie lange bist du schon beim Maifeld Derby dabei?
Das ist jetzt mein fünftes Mal.

Wie kam es dazu?
Ich hab‘ für ein Festival in der Schweiz gearbeitet, welches in eine ähnliche Musikrichtung geht. Die kannten auch den Timo (Veranstalter Maifeld Derby). Als ich dann gesagt habe, dass ich nach Mannheim ziehe, meinten die, dass ich den Timo kennenlernen müsste. Der hat auch ein cooles Festival, da könnt ich sicherlich auch mitarbeiten.

Was hast du hier am Anfang gemacht und wie hat es sich dann entwickelt?
Am Anfang war es nur die Künstlerbetreuung und über die Jahre wurde es immer ein bisschen mehr. Seit zwei Jahren bin ich fest bei Timo angestellt.

Das ganze Jahr über?
Genau, das ganze Jahr über. Aber vor allem auch für die ganzen örtlichen Shows, die wir machen. Mittlerweile mache ich hier alles mögliche.

Gibt es auch Festangestellte, die nur für das Festival da sind?
Es sind inzwischen zwei Firmen. Beim Maifeld Derby ist nur der Timo angestellt und ich bin zusammen mit einer Auszubildenden bei Karakter Live festangestellt. Dann gibt es ein sehr großes Team an Freiwilligen, die sich hier um die Künstler kümmern und ein freiwilliges Kernteam für alle Belange.

Rühereier für die Bands

Was war für dich besonders an der Vorbereitungszeit?
Wir haben parallel ja noch ein zweites Festival, das Zeltfestival mit 6 Shows. Da konnte man sich dann eben erst kurz vorher komplett aufs Derby konzentrieren.

Was war gestern deine größte Baustelle?
Gestern ist es für den ersten Tag erstaunlich gut gelaufen. Hat sich aber auch irgendwie nicht wie ein erster Tag angefühlt. Was hab’ ich gestern überhaupt gemacht? Haha.
Abends war ich am Anwohnertelefon.

Gab es da Beschwerden?
Nee, aber das müssen wir eben machen. Es war aber ganz witzig, denn der erste Anruf war gar nicht an uns gerichtet. Die dachten, das käme von uns, aber im Endeffekt war es eine Gartenparty bei denen in der Straße.

Macht dir heute irgendetwas Sorgen oder freust du dich besonders auf irgendwas?
Meine größten Sorgen sind zum Glück schon vorbei. Heute früh gab es eine Band, die gern früher reingekommen wäre und gern mehr Zeit gehabt hätte. Obwohl wir da im Vorfeld schon alles möglich gemacht haben, damit sie überhaupt kommen können. Aber es wird ja immer gern noch ein bisschen mehr genommen als das, was man sowieso schon bekommt.

Wer ist der Act den du dieses Jahr unbedingt sehen musst?
Ich würde sehr gern morgen Amanda Palmer sehen.

Hast du aus den letzten Jahren noch eine Geschichte, die für dich sehr prägend war?
Was für mich das Maifeld Derby ausmacht, ist der Teamzusammenhalt, den wir hier haben, dadurch, dass die Leute das hier ja auch freiwillig machen. Teilweise sieht man sich ja auch nur einmal im Jahr hier, aber dann ist es auch ein echt schönes Gefühl.
Schlimm ist es vor allem, wenn man nachts nur zwei Stunden schlafen kann, weil man weiß, dass man morgen früh wieder antreten muss. Und dazu wird man dann vielleicht nochmal wach geklingelt von den Kollegen, weil sie keinen Schlüssel haben. Oder wenn der Chef verspricht, höchstpersönlich Rühereier für die Bands zu machen, das dann aber auch erst zwei Stunden später als geplant passiert. Also ohne ein Talent zum Improvisieren würde das hier auch sicherlich nicht funktionieren.
Wir haben dieses Jahr auch zum ersten Mal den Backstage im Reitstall und leider haben wir erst eine Woche vorher geschafft, zu schauen, was wir dafür überhaupt alles brauchen.

Gibt‘s ein Festival, was du dieses Jahr unbedingt selbst besuchen möchtest?
Ich werde wahrscheinlich nicht hinfahren, aber ich würde echt gern mal nach Schweden zum Gagnef Festival. Das ist 2-3 Stunden nördlich von Stockholm auf einer Waldlichtung. Das ist noch kleiner als wir, ist aber bestimmt total schön.

Wie groß seid ihr denn überhaupt?
4.500 pro Tag etwa.

Achim / 35 / aktuell in Frankfurt

Wie oft warst du schon beim Maifeld dabei?
Das ist jetzt das vierte Jahr.

Wie kam es dazu?
Mein erstes Maifeld Derby war vor fünf Jahre glaube ich, mit The Notwist und Thees Uhlmann. Da war ich zum ersten Mal als Gast hier und hab’ 2-3 Sachen gesehen, wo ich mir gesagt habe: „Das geht unmöglich so“. Also im Einlassbereich, da war totales Chaos und ich bin selber sehr geduldig und hab’ auch ein Händchen dafür, wenn es darum geht, Sachen zu organisieren. Ich hab’ mir dann den Timo vorstellen lassen und einfach so lange genervt, bis ich dabei war.

Was hast du denn zu der Zeit im normalen Leben gemacht?
Ich bin eigentlich Ingenieur, also etwas ganz anderes. Ich mache zwar auch selbst Musik, hab’ meine Band die letzten 10 Jahre durch Deutschland geprügelt, also organisationsmäßig. Ansonsten habe ich einfach eine Affinität zu Musik und dafür, Leute zusammenzubringen. Ich betitele mich hier immer als Ruhepol. Wenn es hier Stress gibt unter all den anderen, dann bin ich der, der da Ruhe reinbringt.

Das Jahr über hast du dann aber weniger mit dem Maifeld zu tun?
Genau, die ganze Vorproduktion und Booking macht sowieso Timo und ich steig‘ dann mit der Geländeproduktion, so 4-5 Monate vorher so langsam mit ein.

Was war in der Vorbereitungszeit deine größte Baustelle?
Diese Abstimmung mit den Ämtern ist schon eine krasse Nummer. Jetzt nicht, weil die dumm und ich schlau bin, sondern eher, weil es einfach eine neue Erfahrung ist. Und wir sind ja auch immer noch in Deutschland, da gibt es für jeden Furz einen Paragraphen. Dieses nach Bauchgefühl arbeiten der Ämter, wobei sie meinen, dass sie sich an die Richtlinien halten, ist schon eine krasse Herausforderung. Ist aber auch gleichzeitig eine coole Erfahrung und nächstes Jahr hat man es dann auch gleich auf dem Schirm und plant einfach einen Schritt voraus.

eben kurz mal den Campingplatz aus den Augen verloren

Gab es gestern einen Moment, wo du dachtest, dass es gerade nochmal gut gegangen ist?
Wir hatten die Camping-Geschichte ein bisschen unterschätzt. Wir sind heute, wenn ich es richtig verstanden habe, zum ersten Mal ausverkauft mit erhöhtem Kontingent. Gestern Abend war der Campingplatz schon voll, das gab es vorher auch noch nicht bis dato. Das war dann aber auch schnell aus den Augen und aus dem Sinn. Auf dem Festivalgelände ist das kein Problem, wir haben hier super gute Hands, die man jeder Zeit zusammentrommeln kann. Aber wir hatten eben kurz mal den Campingplatz aus den Augen verloren und dann gab es da halt ein kleines Parkchaos, was sich aber auch zwei Stunden später wieder aufgelöst hat. Aber eben in diesem Moment könnte es zu Problemen kommen, wenn da ein Auto eben nicht mehr durch kommt.
Das war sicherlich ein Stressfaktor gestern. In dem Moment denkt man aber auch nicht nach, sondern man funktioniert einfach.

Deshalb machst du den Job wahrscheinlich auch?
Genau, auch wenn ich mir dafür jetzt extra Urlaub genommen hab’.

Das sind doch die besten Jobs, wo man sich extra dafür Urlaub nimmt.
Genau richtig, ja.

Steht heute noch etwas für dich an, was außerhalb deines normalen Rahmens ist?
Wir müssen die Camping-Geschichte weiter im Auge behalten, weil wir auf der Wohnmobilfläche leider keine Wiese mehr zur Verfügung haben, sondern nur Kieselsteinboden. Das wäre nicht so geil für die Zelte. Da könnte es ein bisschen Unmut geben, weil die Leute ja auch für das Campingticket bezahlt haben. Die kriegen wir aber auch noch unter, wir müssen es eben nur weiter beobachten. Das ist aktuell die einzige vorhersehbare Geschichte. Wir haben aber auch die Erfahrung gemacht: Wenn das Festival erstmal angelaufen ist, dann läuft das auch erstmal.

Gibt‘s ein Konzert, das du persönlich unbedingt sehen willst dieses Jahr?
Slowdive morgen ganz klar, weil die neue Platte einfach sau gut ist. Da freu‘ ich mich schon drauf, da werd‘ ich sicherlich einfach irgendwo liegen. Also die Musik passt dann einfach dazu, weil ich so im Arsch sein werde.
Heute kommen außerdem noch meine Freunde von Sometree, die eigentlich seit Jahren nicht mehr spielen und letztes Jahr auch nur 2 Konzerte gegeben haben. Ich nehm‘ einfach mal vorweg, dass ich glaube, dass die da Bock drauf haben. Wir kennen uns aber auch seit 15-16 Jahren und nicht nur zwischenmenschlich, sondern auch musikalisch ist das einfach der Oberhammer. Die spielen heute im Brückenawardzelt und ich freu‘ mich schon drauf, die zu hören und mal wieder „Hallo“ zu sagen.

Gibt es ein Festival, das du dieses Jahr gern noch selbst besuchen würdest?
Ja, das Heimspiel Knyphausen, das hat sich bei mir so eingespielt, weil es einfach ein kleiner Wochenendausflug ist. Das ist klein und gemütlich. The Notwist spielen auch Samstag auf dieser kleinen Bühne zwischen den Bäumen, das ist sehr entspannt. Ich war aber auch seit Jahren nicht mehr auf einem größeren Festival.

...so entspannt wie noch nie

Dominique / 26 / Heidelberg

Deine Position beim Maifeld?
Ich bin die Teamleitung vom Einlass.

Wie lange machst du das schon?
Seit dem dritten Jahr.

Wie kam es dazu?
Die damalige Teamleiterin ist schwanger geworden und wir, also eine Freundin und ich, wurden dann gefragt, ob wir das nicht zusammen übernehmen wollen und sie ist dann aber beim Künstlercatering gelandet und ich eben hier.

Ist es viel Vorarbeit für dich oder passiert deine Arbeit hier ausschließlich vor Ort?
Klar gibt es auch Vorarbeit, aber dieses und letztes Jahr war es weniger, weil ich schwanger war und jetzt ein Kind hab’.

Was war die größte Baustelle in der Vorabzeit? Irgendwas, das besonders nervig war?
Dieses Jahr lief echt alles ziemlich gut. Also so entspannt wie noch nie. Während der Vorarbeit ist es sonst manchmal ein bisschen stressig, aber auch hier waren unsere Helfer dieses Jahr echt gut.

Wie viel gibt’s da insgesamt?
140 oder meinst du nur hier am Einlass? Da wären es um die 15-20 Leute.

Was beinhaltet dein Job hier?
Teammoral und das Probleme lösen. Also wenn irgendwas mit der Gästeliste nicht funktioniert zum Beispiel.

Was war gestern deine größte Baustelle?
Die Gästeliste. Achso und der Campingplatz war irgendwann dicht.

Gibt es irgendeine Geschichte aus den letzten Jahren, die besonders heraussticht für dich?
Irgendwie kommen die Leute samstags immer zu uns an die Gästeliste, obwohl der Vorverkauf da drüben ist. Die anderen Tage funktioniert es doch auch, keine Ahnung warum das samstags nicht läuft.
Ansonsten sind es echt immer wieder Probleme mit der Gästeliste, wenn wir z.B. kein Internet haben und wir dann anfangen müssen, die Gästeliste per Hand abzustreichen. Es waren echt sehr viele Namen auf der Gästeliste.

Wovor hast du am meisten Angst?
Dass wir kein Internet haben oder dass dann doch so viele Leute auf einmal kommen, dass sie am Ende doch mal eine Stunde anstehen müssen.

Gibt es eine Band, auf die du dich besonders freust?
Ich würde echt gern Metronomy sehen, das wird aber wahrscheinlich nicht funktionieren, mit Baby wäre das dann doch ein bisschen schwierig.

Gibt‘s ein Festival, das du sonst gern besuchst oder mal besuchen würdest?
Das Sound of the Forrest. Das ist zurzeit das einzige Festival, das ich regelmäßiger besuche.