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Wenn nicht jetzt, wann dann?

10 Schritte Richtung Nachhaltigkeit für Festivals


Na, Ohrwurm von der Überschrift? Super, denn das ist eine der zentralen Fragen bei dem Thema Klimakrise & Nachhaltigkeit. Ehrlicher Weise wäre die korrekte Antwort auf die Frage: vor 50 Jahren, aber da Zeitreisen noch komplexer sind als Klimaschutz, widmen wir uns lieber Zweiterem.

text Tine Theurich, Sarah Lüngen
redaktion Henrike Schröder
Symbolfotos Till Petersen

lesezeit 5 Minuten

Wir werden nicht von traurigen Eisbären oder brennenden Koalas anfangen, dennoch sei gesagt, dass das IPCC, die höchste wissenschaftliche Instanz im Bereich der Klimaforschung, erst 2021 in ihrem Report beunruhigender Weise verkündete, dass die Erde bereits 2030 1,5 Grad wärmer sein wird im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter - zehn Jahre früher als prognostiziert. Wir haben mal eben zehn Jahre verloren. Dabei sind die 1,5 noch nicht mal erreicht und bereits jetzt wirkt sich die Erderwärmung spürbar auf uns und unsere Umwelt aus. Jedes Grad führt zu längeren Hitzewellen, stärkeren Regenfällen und mehr Trockenheit.

Die Extremwetter-Ereignisse nehmen zu und wer wenn nicht die Festivals verstehen, was das für ein akribisch geplantes und liebevoll vorbereitetes Festivalwochenende bedeuten kann. Statt nun zu resignieren, sollten wir diese Information als (nachhaltigen) Brandbeschleuniger nutzen, um schneller ins Handeln zu kommen ganz im Sinne der Höhner: Wenn nicht jetzt, wann dann?”

Denn jetzt kommt die beste News: wir als (Live)musikindustrie sind eine Branche voller Macher*innen. Probleme lösen gehört für uns genauso zum daily business, wie kreative Ideen entwickeln und “um die Ecke” denken. Das Einzige was wir tun müssen, ist Handeln.

Worauf es aber vor allem ankommt ist, Nachhaltigkeit nicht als Belastung oder Modethema zu verstehen, sondern als Chance und Notwendigkeit.

Der Wandel wird kommen, denn auch der Planet hat Grenzen und somit wird Klimaschutz in allen Bereichen des Lebens zu einer zentralen Herausforderung der Zukunft. Wir müssen anfangen, das anzuerkennen und unseren Blick auf die Dinge verändern, kritisch hinterfragen und nachhaltiges Handeln bereits in der Planung von Konzerten, Festivals oder Albumveröffentlichungen berücksichtigen. Denn auch wenn die Musikindustrie nicht die emissionsstärkste Industrie ist, ist sie trotzdem Teil des Problems, welches nur durch einen ganzheitlichen und systematischen Wandel gelöst werden kann. Jetzt aber noch eine gute News zum Schluss: Nachhaltigkeit bedeutet in den meisten Fällen klüger, nicht weniger!

Also Leute, auch wenn wir es in manchen Momenten aus den Augen verlieren sollten: the future is bright – wenn wir es denn wollen.

Step by Step – die ersten 10 Schritte in Richtung Nachhaltigkeit

Mit dem Entschluss nachhaltiger zu agieren ist schon der erste Schritt gemacht. Hier kommen 10 Dinge, die jetzt einen Anfang und ganz bestimmt einen Unterschied machen: 

  • 1. Nachhaltigkeit auf die Agenda setzen

    Ökologisch nachhaltig zu denken und zu handeln ist keinesfalls ein Alleinstellungsmerkmal, sondern eine Selbstverständlichkeit. Dieses Mindset ist äußerst hilfreich, um das Thema Nachhaltigkeit zu priorisieren und in allen Aktivitäten rund um Strategie, Planung und Umsetzung von Festivals mitzudenken. Also: “Haben wir schon immer so gemacht” aus dem Wortschatz streichen, reflektieren, ambitionierte Ziele setzen und loslegen.

  • 2. Aktionsgruppe Nachhaltigkeit gestalten und weiterbilden

    Formt ein Team – eure ganz eigene Task Force for Future – die sich explizit um das Thema Nachhaltigkeit auf eurem Festival kümmert und bietet Weiterbildungsmöglichkeiten an. So werdet ihr selbst zu Expert*innen. Vielleicht könnt ihr sogar eine eigene Position im Team schaffen.

  • 3. Energieversorgung neu denken

    Sorgt für eine kleine Energiewende auf eurem Festival! Es muss nicht gleich eine 100%ig autarke Stromversorgung sein. Startet mit kleinen Pilotprojekten wie zum Beispiel einer solarbetriebenen Handy-Aufladestation oder regelt Teile eurer Festival-Beleuchtung über regenerative Energie. Auch hier gilt die Devise: Step by Step Erfahrungen sammeln und ausbauen. Denkt auch darüber nach, an welcher Stelle ihr Strom sparen könnt. Bei allen Überlegungen ist es hilfreich, das Wissen anderer Festivals anzuzapfen, die schon Erfahrungen gesammelt haben.Den ganz schnellen Erfolg erzielt ihr mit dem Wechsel zu Ökostrom. Kredibile Anbieter findet ihr zum Beispiel auf changeyourstrom.net.

  • 4. Auf die Öffentlichen setzen

    Die Anreise eurer Besucher*innen nimmt einen großen Teil eures Fußabdrucks ein. Hier könnt ihr richtig was reißen! Ermutigt eure Besucher:innen mit der Bahn und den öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen.Vielleicht könnt ihr sogar einen Deal mit dem örtlichen Nahverkehrsunternehmen aushandeln. Unterstützt eure Besucher*innen außerdem dabei, Fahrgemeinschaften zu bilden. Je weniger eure Festival-Besucher*innen zu euch schleppen müssen, desto weniger sind sie auf die bequeme Auto-Variante angewiesen.

  • 5. Mehr Veggie-Vibes

    Erhöht das Angebot an regionaler und fleischfreier Lebensmittelversorgung oder verzichtet ganz auf ein Fleischangebot. Denn Fleisch verbraucht unfassbar viele Ressourcen. Die umweltschonende Variante ist die Umstellung auf rein pflanzliche Ernährung. Für einen smoothen Übergang ist das rein vegetarische Angebot ein Anfang – auch beim Artist-Catering. Gulasch gibt es auch vegan, beim Chilli ist eher die Schärfe als das “Carne” entscheidend und seien wir mal ehrlich: Die Mortadella bleibt eh immer liegen.

  • 6. Müll vermeiden

    Müll zu vermeiden klappt zum Beispiel, indem ihr jegliches Einweg Plastik von eurem Festival verbannt. Sprecht mit euren Catering-Unternehmen und Händler*innen vor Ort über sinnvolle Alternativen. Recycelt außerdem euren Müll. Unterstützt eure Besucher:innen bei der Mülltrennung und zeigt ihnen, wie es richtig geht.

  • 7. Grüne Kommunikation

    Lasst eure Festivalbesucher*innen an euren Vorhaben, an der Umsetzung, Erfolgen und auch Misserfolgen teilhaben.Kommuniziert im Vorfeld eures Festivals über eure Website, euren Newsletter und eure Social Media Kanäle, wie Besucher*innen euch auf dem Weg zu einem nachhaltigen Festival unterstützen können und vor allem auch, was ihr selber unternehmt. Auch während eures Festivals könnt ihr eure Crowd mit Informationen versorgen. Schwingt nicht den Zeigefinger, sondern reicht den Leuten die Hand. Und wenn ihr dabei Hilfe benötigt: Music Declares hat einige Plakate erstellt, die ihr auf unserer “Nachhaltigkeit x Festivals” Seite findet.

  • 8. Starke Partner*innen und eine grüne Bank

    Ihr seid auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Festival nie allein. Es gibt hunderte NGOs, Initiativen, Start-Ups und Neuentwicklungen, die sich intensiv mit nachhaltigen Konzepten und Innovationen auseinandersetzen. Tut euch mit ihnen zusammen, bucht sie für euer Festival und profitiert von ihrer Expertise. Von Ökotoiletten und Upcycling-Sitzgelegenheiten bis hin zur Lebensmittelrettung gibt es viele Angebote. Sprecht auch mit euren bestehenden Lieferant*innen und Geschäftspartner*innen über eure neuen grünen Bedürfnisse und überzeugt sie mitzumachen. Wenn ihr einen schnellen ersten und wirkungsvollen Schritt gehen wollt, dann wechselt eure Bank. Auch hier gibt es alternative Anbieter, die nicht in Kohle- und Ölindustrie investieren. Warum das so wichtig ist und welche Banken aktuell die fairsten sind erfahrt ihr unter fairfinanceguide.de.

  • 9. Emissionen messen

    Wie steht es um euren ökologischen Fußabdruck? Damit das Reduzieren richtig Spaß macht, solltet ihr erstmal messen, wo ihr jetzt gerade steht. Mit der Berechnung eurer CO2 Emissionen könnt ihr den für euer Festival größten Hebel erkennen und dort direkt ansetzen. Projekte sollten immer gemäß der Regel “Vermeiden, Reduzieren, Kompensieren!” erfolgen. Der Ausgleich von Emissionen kann immer nur der letzte Schritt für unvermeidbare Emissionen sein. Und: Auch während des Messens könnt ihr bereits Veränderungen in Gang bringen. Wir kennen mittlerweile die großen Baustellen. Wir haben keine Zeit, also legt direkt los!

  • 10. Tauscht euch aus!

    Wir sitzen alle im selben Boot. Wir alle haben eine riesige Aufgabe: unseren Planeten als einen Ort zu bewahren, in dem wir lebenswerte Zeit verbringen können. Und für uns alle gehören Festivals einfach dazu. Also schließt euch zusammen, geht in den Austausch und macht eure Erkenntnisse und Ideen zugänglich für andere Festivals. Konkurrenzdenken hilft dem Klima nicht weiter, also lasst uns voneinander lernen und für uns und unseren Planeten an einem Strang ziehen. Mit Music Declares Emergency versuchen wir eine Plattform für diesen Austausch zu bieten. Unsere Declaration zu unterschreiben ist ein erster Anfang und der Zugang zu einem Netzwerk und einer Community von Artists, Venues, Festivals und Organisationen, die sich ebenfalls für eine nachhaltigere Musikbranche einsetzen. Wir freuen uns, von euch zu hören!

Hier gibt's noch mehr Infos zum Thema Nachhaltigkeit und Infoplakate zum Download:

Ab auf unsere Nachhaltigkeit x Festivals Seite!